Schulleben

Nerven zum Zersägen

Die Nervensägen gehen sich auf dieselben.

Die Nervensägen gehen sich auf dieselben.

Manchmal kann es lustig sein zuzuschauen, wie sich Leute auf die Nerven gehen. So war es bei der Theateraufführung der Q 12.

Ihr Stück hieß bezeichnenderweise „Nervensägen“ und entführte die Zuschauer in die Scheinwelt der Shows, entlarvte deren Einfaltigkeit und ließ ihn doch herzhaft über diese lachen. Über die Welt des Scheins siegte schließlich doch die reale Liebe, die sich im Traum verliert.

Kann eine „künstlerisch ambitionierte Künstlerin“, als welche sich Gaby ( Regina Fürst) versteht, mit einem „Joga-Fuzzy“ ( Meike Lehner) zusammenwohnen? Weder Gaby noch der Joga-Lehrer Jürgen glauben das. Um diesem Zustand des sich gegenseitig „An-den-Nerven-Sägens“ zu entkommen, bewerben sich die beiden brotlosen Künstler in einer Schnapslaune als „Familie des Monats“ bei einem Familienquiz des „Hessischen Schundfunks“.

Wider Erwarten werden sie als Kandidaten für die nächste Sendung ausgewählt. Nach dem ersten Jubel über die frohe Aussicht auf einen Sieg bei der Show und dem damit verbundenen Preisgeld von 50000,- € kommt der Katzenjammer. Wo bekommen sie die Zwillinge und den Großvater her, die angeblich bei ihnen wohnen? Doch Gaby ist findig und „bestellt“ sich Aushilfszwillinge beim Arbeitsamt, während Jürgen den Opa Manfred (Sabine Metzner) aus dem Nachbarhaus rekrutiert.

Der eifersüchtige Freund von Gaby namens Olli (Torben Gerdes) wird kurzerhand beauftragt, eine „Extremgitarre“ für Jürgen, der als Beruf „Extremgitarrist“ zu sein angegeben hat, und ein „wildes Tier“ für Gaby, die sich als „Tierbändigerin“ ausgibt, zu besorgen. Während Opa Manfred damit überrascht, dass er ständig nach Haschisch verlangt und auch nicht davor zurückschreckt, Räucherstäbchen in Ermangelung von Haschisch zu rauchen, entpuppen sich die Zwillinge nicht als niedliche Kinder, sondern als die jungen Erwachsenen Bärbel (Lisa-Marie Kowalski) und Eugen (Lorenz Kirchhöfer), den arbeitslosen Maurer, der wegen seines Handschlags von seinen Freunden nur „Eugen, der Hammer“ genannt wird.

Künstlerisch ambitionierte Künstler haben es nicht leicht.

Künstlerisch ambitionierte Künstler haben es nicht leicht.

Auch die „Mitbringsel“ von Olli sind eher anders als erwartet. So handelt es sich bei dem gefährlichen Tier, das Gaby vor laufender Kamera bändigen soll, um einen Goldhamster. In die angespannte Erwartung des Kamerateams und der Moderatoren platzt die erfolglose Spielzeugvertreterin Renate Rübel (Annika Freisle) hinein, der Gaby aus Mitleid eine „Püppi“ für Bärbel abkauft. Doch schon ist es soweit: Die geschäftige und leicht genervte Programmdirektorin Gundula Hagel-Höschle (Sophia Schwabe) und der selbstverliebte und dümmliche Moderator Hans- Georg Ösen (Aleksandra Chojnacki) erscheinen in der WG der selbst ernannten Familie Gaby und Jürgen Wallenspuhl- Gallenmüller.

Auf der Bühne ging es hoch her.

Auf der Bühne ging es hoch her.

Nur kurz zweifelt Gundula an der Richtigkeit der Angaben, die Gaby und Jürgen in ihrem Brief gemacht haben, als niemand in dem Dorf bereit ist, sich als „Very Important Person“ in der Live-Sendung, die von den Familienangehörigen erraten werden soll, zu präsentieren, doch als Frau Rübel erneut die Wohnung der Wallenspuhl-Gallenmüllers betritt und die Rolle des „VIPs“ nur zu gerne übernimmt, sind alle Zweifel begraben.

Die folgende Show ist eine Persiflage auf alle gängigen Fernsehshows des Nachmittags- und Vorabendprogramms und hält ihnen den Spiegel vor. Der Ablauf ist an Dümmlichkeit kaum zu überbieten und es wäre wahrscheinlich eine ganz normale, stumpfsinnige Show geblieben, hätte sich nicht Opa Manfred, der von dem Hausfreund Olli kurzerhand an seiner Stelle in den Schrank gesteckt wurde, während Olli im Sessels des Opas Platz genommen hatte, aus seiner misslichen Lage befreit und das aufgebaute Lügengerüst der Familie Wallenspuhl-Gallenmüller zum Einsturz gebracht.

Die Sendung endet in einem wohltuenden Fiasko und lässt den Zuschauer hoffen, ein solches würde bei vielen dieser Sendungen, in denen geschäftige Programmleiterinnen und egozentrische Moderatoren ein unkritisches Publikum niveaulos unterhalten, Realität werden. Der Schluss der Komödie lässt das Publikum aber nicht im Chaos nach Lösungen suchen, sondern liefert ein Märchen.

Wie bei „Pretty Woman“ führt der Publikumsliebling Hans-Georg Ösen seine Bärbel hinfort, während Gundula Hagel-Höschle ihr Glück bei Eugen findet. Opa Manfred bekommt von Regina Rübel, die dank der Sendung an einen geschäftlichen Erfolg glaubt, eine Püppi geschenkt, der er seine Kriegserlebnisse erzählen und mit der er sich auf die Suche nach Haschisch machen kann. Olli verlässt wütend den Raum. Und was machen Gaby und Jürgen? Sie erkennen noch während der Dreharbeiten, dass sie zusammen bleiben wollen und tun dies vor laufender Kamera kund. Kaum sind alle weg, erhalten sie einen Anruf von „Linda de Voll“. Sie können in ihrer Hochzeitssendung, die vom Niveau her ähnlich ist, heiraten und 50000 Euro gewinnen. Voller Vorfreude auf ihre gemeinsame Zukunft nehmen sie das Angebot an und träumen von einer riesigen Wohnung. In den größten Raum möchte Jürgen nur einen Gegenstand stellen: das von alle verhöhnte von Gaby aber gemalte und geliebte Bild „Mona Pisa“.

Alle freuten sich über den Schlussapplaus.

Alle freuten sich über den Schlussapplaus.

Gekonnt nahmen die Schauspieler dank der bewährten Regie von Angelika Guder-Späth das Publikum in ihre Geschichte mit und entließen dies nach einem herzlichen Applaus.

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