Schulleben

Die Grande Dame des RWG wurde 100

Am Freitag, den 26. November 2021, fand eine außergewöhnliche Feier statt: Luise Dietzfelbinger, die langjährige stellvertretende Schulleiterin des Richard-Wagner-Gymnasiums Bayreuth, beging in geistiger Frische ihren 100. Geburtstag!

Wie verlief das Leben dieser Frau, die alle etwas älteren wie auch die jüngeren Schülerinnen und Schüler und die Kollegen am RWG kennen sollten, da sie insgesamt 44 Jahre an der Schule verbrachte, als Schülerin wie später als Lehrerin, und die sie in dieser Zeit nachhaltig prägte?

Luise wurde am 26. November 1921 in Nürnberg geboren. Um die gewaltige Zeitspanne, die ihr Leben umfasst, zu veranschaulichen, sei darauf hingewiesen, dass sie als Kind nicht nur die Nachwirkungen der Spanischen Grippe in ihrer Familie erlebte, sondern auch noch Erinnerungen an die Inflationsjahre und die damalige Weltwirtschaftskrise besitzt. Die Familie zog dann nach Bayreuth, wo der Vater als Hausarzt arbeitete. Luise besuchte nach der Grundschule seit 1933 das Städtische Mädchenlyzeum Bayreuth, das heutige Richard-Wagner-Gymnasium, das sie mit der „Mittleren Reife“ abschloss. Um das Abitur abzulegen, musste sie noch für zwei Jahre an die Oberrealschule für Jungen wechseln, also an das heutige Graf-Münster-Gymnasium. Hier wurde ihr das Reifezeugnis ausgestellt.

So konnte sie von 1941 bis 1945, mitten in den Kriegsjahren, in Erlangen und Leipzig Englisch, Französisch und Geschichte studieren, in welchen Fächern sie dann auch unterrichtete. Im April 1945 kehrte sie in den letzten Kriegswirren mit dem Fahrrad von Erlangen nach Bayreuth zurück, wo sie pünktlich zum Bombardement der Stadt eintraf. Auch die Ditzfelbingers verloren dabei ihre Wohnung.

Von 1946 bis 1948 unterrichtete sie als junge Lehrerin an der Oberrealschule für Jungen in Bayreuth, ihrer ehemaligen Schule, wo sie zudem noch unter strapaziösen Umständen das Assessorexamen ablegte. 1948 wurde ihr – wie wir vom Richard-Wagner-Gymnasium im Nachhinein sagen können: zum Glück – an dieser Schule überraschend gekündigt, da sie ein Opfer des „Hundhammer-Erlasses“ wurde: Kultusminister Hundhammer wünschte keinen Unterricht von jungen unverheirateten Frauen an Jungen-Gymnasien, da er „sittliche Gefährdungen“ befürchtete – !

So kehrte Luise an das heutige Richard-Wagner-Gymnasium zurück, damals noch eine Mädchenschule, wo sie von nun an ihre gesamtes Berufsleben verbrachte und den Ausbau und den Aufstieg der Schule in den letzten Jahrzehnten erlebte und mitgestaltete.

Es versteht sich, dass eine Persönlichkeit wie Luise auch außerschulisch aktiv wurde. Schon in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts engagierte sie sich für die Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegner Frankreich und wurde zu einer der gestaltenden Personen der Städtepartnerschaft Bayreuths mit Annecy. Als persönliche Dolmetscherin begleitete sie Oberbürgermeister Hans Walter Wild nach Annecy, wo sie von nun an wiederholt und regelmäßig zu Gast war.

1986 wechselte sie in den Ruhestand, ihre letzte langjährige Funktion war die der stellvertretenden Schulleiterin des Richard-Wagner-Gymnasiums. Aber es wurde eher zu einem Unruhestand: Sie widmete nun ihre Zeit und ihre Kraft dem Aufbau des Schulmuseums des Richard-Wagner-Gymnasiums und damit der Geschichte der „höheren“ Mädchenbildung in der Stadt Bayreuth. 1994 konnte das Schulmuseum in Anwesenheit vieler Ehrengäste eingeweiht werden. Fast noch bedeutsamer war ihre Sichtung und Ordnung des Archivs der Schule: Alle wichtigen Dokumente und Bilder seit Gründung der Schule im Jahre 1867 wurden von ihr mustergültig erfasst und zugänglich gemacht. Ohne diese Leistung hätte das 150jährige Schuljubiläum im Jahr 2017 nicht so eindrucksvoll gestaltet werden können!

 

Schüler und Lehrer des Richard-Wagner-Gymnasiums haben also Luise Dietzfelbinger viel zu verdanken. Unter den Festgästen zu ihrem 100. Geburtstag im Mühlhofer Stift in Bayreuth, wo sie ihren Lebensabend verbringt, befanden sich neben dem Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth, Herrn Ebersberger, und den Vertretern der Deutsch-Französischen Gesellschaft Bayreuth auch Frau Graf, die Schulleiterin des Richard-Wagner-Gymnasiums Bayreuth, und Herr StD Schraml als Vertreter der Lehrerschaft. Frau Graf überreichte ein Bild des RWG, Herr Schraml ein Album mit historischen Aufnahmen von Luise Dietzfelbinger: Bilder, die sie seit den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts bis in Gegenwart hinein als Schülerin wie als Lehrerin des RWG zeigen.

Wolfgang Schraml

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