Schulleben

‚LdL‘ – Teil 6: Abiturvorbereitung in Corona-Zeiten…

Der sechste Teil unserer Reihe ‚Lernen [d]trotz Lockdown‘ ist unseren Oberstufenschüler(inne)n der Q12 gewidmet, die sich über die Osterferien sicherlich auch im Fach Deutsch mit der einen oder anderen Aufgabenstellung der vergangenen Abiture beschäftigt haben – doch was ist anders in Zeiten der Corona-Pandemie, die jeder ganz individuell verschieden erlebt zuhause und in seinem privaten Umfeld? Und: Können diese Erfahrungen einen Stellenwert haben im Umgang mit der Beurteilung von (literarischen) Texten, wie sie im Deutsch-Abitur gefordert sind?
Ich denke: ja, durchaus!

Blickt man nämlich auf die bunte Palette an Prüfungsaufgaben der vergangenen Jahre, so fällt doch zumindest eines auf: Seit jeher befassen sich nicht nur literarische, sondern auch pragmatische Texte mit Grundfragen und –ängsten des Menschen: Es ist – damals wie auch besonders gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen (Schief)lage – von existentieller Verunsicherung die Rede… (Abi 2016, Aufgabe I, b)-Frage)

Das Gefühl der Einsamkeit und Isolation des Einzelnen wird zum Thema gemacht in (literarischen) Texten – wenn auch aus je unterschiedlichen Gründen –, ist jedoch ebenso greifbar im alltäglichen Erleben des Einzelnen während der Phase des Lockdowns:
Hier kann also keinesfalls von einer „Wonne der Einsamkeit“ die Rede sein wie im Gedicht von Ludwig Tieck (Abi 2019, Aufgabe I)!

Konfrontiert sieht man sich in Zeiten während der Corona-Pandemie leider oft auch mit dem Thema „Abschied“, wie es etwa im Gedicht „Stapfen“ von C.F. Meyer zum Ausdruck gebracht wird:

(…) Du schrittest auf dem Bord,
Von deiner Reise sprechend. Eine noch,
Die längre, folge drauf, so sagtest du.
Dann scherzten wir, der nahen Trennung klug
Das Angesicht verhüllend, und du schiedst,
Dort wo der First sich über den Ulmen hebt.
Ich ging denselben Pfad gemach zurück,
Leis schwelgend noch in deiner Lieblichkeit,
In deiner wilden Scheu, und wohlgemut
Vertrauend auf ein baldig Wiedersehen.
(…)
Da überschlich mich eine Traurigkeit:
Fast unter meinem Blick verwischten sich
Die Spuren deines letzten Gangs mit mir.
 

Was sich in den obigen Verszeilen nur angedeutet findet, lässt auf den schmerzlichen Verlust einer dem lyrischen Ich nahestehenden Person schließen (von welcher der Sprecher in dem Gedicht sich verabschieden musste – etwa um für immer von diesem geliebten Menschen getrennt zu sein?)
Der Eindruck des Abschieds wird dabei intensiviert sowohl durch die Natursymbolik (die Ulme verkörpert dabei seit der Antike Tod und Trauer) als auch durch wiederkehrende Motivik (Reise, Gang, Stapfen als Fußabdrücke, die ein Mensch in seinem Leben hinterlassen hat – auch in der Erinnerung seiner Mitmenschen und Freunde).

Stets sehr präsent in Texten wie aktuell im ‚realen Leben‘ ist zudem die Bedeutung der Freundschaft; wie und wo kann bzw. darf man sich noch mit wie vielen Personen gleichzeitig treffen?
Mehr denn je stellt sich diese Frage während der derzeitigen Ausgangsbeschränkungen vielerorts mit geschlossenen Kneipen, eingeschränkter Gastronomie, Verzicht auf den Besuch kultureller Stätten, die ein geselliges Leben erlauben würden…hier lässt sich sicherlich vieles erörtern, wenn man bedenkt, dass die Gesprächskultur sich derzeit – notgedrungen! – verändert hat in Zeiten des Lockdowns: Freunde treffen via FaceTime, Videokonferenz und Co. hat auf einmal einen ganz anderen Stellenwert bekommen…

Andererseits – können wir nicht auch die Zeit, in der das öffentliche Leben ‚heruntergefahren‘ scheint, für uns selbst uns unsere Familie nutzen? So finden sich schließlich Eltern und Kinder in der im Trubel des Alltags fast schon vergessenen Spielerunde zusammen, es wird am Wohnzimmertisch gewürfelt, gerätselt, gequizzt und taktiert, was das Zeug hält…

Endlich entdeckt der Lesefreund auch wieder einmal ein spannendes Buch zur genüsslichen Lektüre für sich, es wird ganz bewusst innegehalten, man konzentriert sich ganz in Ruhe auf (s)ein neues liebgewonnenes Hobby – und plötzlich wird uns allen dabei bewusst, dass wir dem Nichtstun auch so seinen Reiz abgewinnen können (vgl. Abi 2012: Thema V in der Variante der Erörterung bzw. des Essays zum Thema ‚Muße‘)!

Eine beliebte Freizeitbeschäftigung der Menschen, die während der Zeit des Lockdowns zu beobachten ist, stellt das Spazierengehen dar: Selbst wenn die Umgebung dabei nicht immer gleich ‚romantisch‘ wie bei Eichendorff sein muss, die Natur hilft uns dennoch ein ums andere Mal über den teils trostlos wirkenden Jetzt-Zustand der eigenen Situation hinweg und gibt (zumindest leise) Hoffnung auf baldige Besserung der Lage – noch dazu im bevorstehenden Frühling!

Und so mag manch einer gedankenversunken seinen Zukunftsplänen, nachhängen – etwa für die nächsten Ferien…nicht selten wird dabei – durchaus mit einer gewissen Sehnsucht! – wohl v.a. in letzter Zeit neben der allgemeinen Erholung an das derzeit beschränkt umsetzbare Reisen gedacht (vgl. „Das Motiv des Reisens in der Literatur der Romantik“ – Abi 2017: materialgestütztes Verfassen eines informierenden Textes).

Liebe Q12ler, für eure nahe Zukunft wünschen wir euch an dieser Stelle bereits viel Erfolg! Ihr seid gut vorbereitet und werdet daher dementsprechend gerüstet in die Abiturprüfungen gehen können –
und wer sich noch einmal einen Überblick verschaffen möchte, findet hier eine Aufstellung der Textauswahl aus den Abiturprüfungen Deutsch der letzten Jahre:
https://www.isb.bayern.de/download/22969/texte_in_den_bayerischen_abiturpruefungen_seit_2011_stand_juni_2020.pdf

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