Die bunten Banner an unserer Fassade sorgten für Verwirrung.
„Was ist das denn?“, fragten sich viele und rieben sich verwundert die Augen: „DAS Schule“ stand da in großen Lettern auf der RWG-Fassade.
Aufgeregte Passanten riefen an: Ob das Gymnasium der Sprache nicht mehr mächtig sei, wurde gefragt, es heiße doch „die“ Schule. Andere kündigten einen Leserbrief in der örtlichen Presse an, die den Dingen endlich einmal auf den Grund gehen solle. Schließlich und überhaupt und wo käme man denn da hin?
Die Sorge um unsere Schulhausfassade ehrt uns natürlich sehr. Was aber nicht die Sinnfrage klärt. Der kann man, wie man es am Gymnasium übt, vielleicht mit wissenschaftlich-systematischem Vorgehen beikommen.
(1) „Das“ als Artikel verlangt nach einem begleitenden Nomen. In Verbindung mit „Schule“ ergibt sich jedoch kein Sinn. Zudem sagt ein syntaktisch geschulter Verstand, dass die beiden Wörter auf der Satzebene keine Struktur ergeben. Dazu – so meint die Grammatik – bedürfe es eines Prädikates.
Um die Passanten zu beruhigen, wurde dieses mittlerweile ergänzt: „feiert“ ist da zu lesen und auch noch „Jahre“. Nach dem Modell der Dependenzgrammatik von Tesnière, die jeder Passant kennen wird, ist „feiern“ ein zweivalentes Verb: „Wer feiert was?“ ist eine dem Verb gut eignende Struktur.
Wem das alles zu kompliziert ist, der kann sich dem Problem auch ganzheitlich nähern, etwa nach den Gesetzen der Berliner Schule der Gestaltpsychologie, hauptsächlich vertreten durch Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka. Wir empfehlen jedem Passanten die Lektüre von Wertheimers bahnbrechender Schrift aus dem Jahr 1923, welche basale Gestaltgesetze formuliert, etwa das der „guten Gestalt“ oder der „guten Fortsetzung“: Auf unser Problem angewandt bedeutet dies Folgendes:
(2) Die Mittelbaufassade unserer Schule dominiert ein Raster, welches durch die Vervielfachung der Fensterbreite bzw. –höhe und die Geschosshöhe definiert ist. Es ist durch die Farbabsetzungen an der Fassade gut sichtbar gemacht. Die vorhandenen Banner besetzen je ein Rasterfeld zwischen zwei Fenstern. Nach den Gestaltgesetzen ergänzt unser Auge in den noch freien Feldern ein Banner, damit sich eine Gestalt ergibt. Sie wird so aussehen:
– –
– –
Korreliert man dieses Ergebnis mit den Überlegungen von (1) ergibt dies Folgendes:
DAS – – feiert
– Jahre – SCHULE
Nimmt man dies als Satz, ist noch ein Agens zu ergänzen („Wer feiert?“) und „Jahre“ schreit nach einem Attribut als Begleiter.
Braucht noch jemand eine Hilfe? Die können die Schulfahnen geben, welche vor der Fassade im momentan noch viel zu kalten Frühlingswind wehen. Mehr wird nicht verraten.
Ach so: Eine Sache muss doch noch geklärt werden: Die momentanen Staus auf dem Ring vor unserer Schule haben nichts mit unserem Rätselspielchen zu tun. Es ist keineswegs so, dass alle vor dem RWG anhalten würden, um unsere Banner zu dechiffrieren. Das wäre wirklich zu viel der Ehre.
Die bunten Banner an unserer Fassade sorgten für Verwirrung.
„Was ist das denn?“, fragten sich viele und rieben sich verwundert die Augen: „DAS Schule“ stand da in großen Lettern auf der RWG-Fassade.
Aufgeregte Passanten riefen an: Ob das Gymnasium der Sprache nicht mehr mächtig sei, wurde gefragt, es heiße doch „die“ Schule. Andere kündigten einen Leserbrief in der örtlichen Presse an, die den Dingen endlich einmal auf den Grund gehen solle. Schließlich und überhaupt und wo käme man denn da hin?
Die Sorge um unsere Schulhausfassade ehrt uns natürlich sehr. Was aber nicht die Sinnfrage klärt. Der kann man, wie man es am Gymnasium übt, vielleicht mit wissenschaftlich-systematischem Vorgehen beikommen.
(1) „Das“ als Artikel verlangt nach einem begleitenden Nomen. In Verbindung mit „Schule“ ergibt sich jedoch kein Sinn. Zudem sagt ein syntaktisch geschulter Verstand, dass die beiden Wörter auf der Satzebene keine Struktur ergeben. Dazu – so meint die Grammatik – bedürfe es eines Prädikates.
Um die Passanten zu beruhigen, wurde dieses mittlerweile ergänzt: „feiert“ ist da zu lesen und auch noch „Jahre“. Nach dem Modell der Dependenzgrammatik von Tesnière, die jeder Passant kennen wird, ist „feiern“ ein zweivalentes Verb: „Wer feiert was?“ ist eine dem Verb gut eignende Struktur.
Wem das alles zu kompliziert ist, der kann sich dem Problem auch ganzheitlich nähern, etwa nach den Gesetzen der Berliner Schule der Gestaltpsychologie, hauptsächlich vertreten durch Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka. Wir empfehlen jedem Passanten die Lektüre von Wertheimers bahnbrechender Schrift aus dem Jahr 1923, welche basale Gestaltgesetze formuliert, etwa das der „guten Gestalt“ oder der „guten Fortsetzung“: Auf unser Problem angewandt bedeutet dies Folgendes:
(2) Die Mittelbaufassade unserer Schule dominiert ein Raster, welches durch die Vervielfachung der Fensterbreite bzw. –höhe und die Geschosshöhe definiert ist. Es ist durch die Farbabsetzungen an der Fassade gut sichtbar gemacht. Die vorhandenen Banner besetzen je ein Rasterfeld zwischen zwei Fenstern. Nach den Gestaltgesetzen ergänzt unser Auge in den noch freien Feldern ein Banner, damit sich eine Gestalt ergibt. Sie wird so aussehen:
– –
– –
Korreliert man dieses Ergebnis mit den Überlegungen von (1) ergibt dies Folgendes:
DAS – – feiert
– Jahre – SCHULE
Nimmt man dies als Satz, ist noch ein Agens zu ergänzen („Wer feiert?“) und „Jahre“ schreit nach einem Attribut als Begleiter.
Braucht noch jemand eine Hilfe? Die können die Schulfahnen geben, welche vor der Fassade im momentan noch viel zu kalten Frühlingswind wehen. Mehr wird nicht verraten.
Ach so: Eine Sache muss doch noch geklärt werden: Die momentanen Staus auf dem Ring vor unserer Schule haben nichts mit unserem Rätselspielchen zu tun. Es ist keineswegs so, dass alle vor dem RWG anhalten würden, um unsere Banner zu dechiffrieren. Das wäre wirklich zu viel der Ehre.